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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Seegräser reduzieren Kohlendioxid und Krankheitserreger
Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 29. Nov 2024, 08:05
Zahlreiche Meereslebewesen sind auf Seegraswiesen angewiesen, in denen sie Lebensraum, Kinderstube und Nahrung finden. In Nord- und Ostsee bilden das → Gewöhnliche Seegras (Zostera marina) und das → Zwerg-Seegras (Zostera noltii) Unterwasserwiesen. Sie können hunderte Jahre alt werden. Genau genommen handelt es sich bei den Pflanzen nicht um Gräser, denn sie gehören zur Ordnung der → Froschlöffelartigen (Alismatales).
Gewöhnliches Seegras, (c) Rainer Ziebarth/NABU-naturgucker.de
Seegraswiesen benötigen viel Sonnenlicht und kommen in der Regel in Tiefen von 1 bis 10 Metern vor. Sie festigen mit ihren Wurzeln die Sedimente, binden durch Photosynthese große Mengen an Kohlendioxid und geben Sauerstoff ins Wasser ab. Zudem sammeln sie organischen Kohlenstoff anderer Organismen ein. So tragen sie zur Bekämpfung des Klimawandels bei. Kohlenstoff speichern sie um ein Vielfaches schneller im Boden als Wälder. In der deutschen Ostsee sollen die Seegraswiesen auf einer Fläche von 285 Quadratkilometern mehr als 8 Millionen Tonnen an Kohlendioxid speichern.[1]
Gewöhnliches Seegras, (c) Carolin Zimmermann/NABU-naturgucker.de
Zudem können Seegraswiesen direkt zu unserer Gesundheit beitragen: Sie reduzieren die Häufigkeit von Krankheitserregern im Wasser, was Infektionen bei Menschen und Meeresorganismen in ihrer Nähe vorbeugt. Eine aktuelle Studie untersuchte die Rolle des Seegras-Mikrobioms hierbei. Forschende isolierten 88 Bakterien und Pilze von Blättern und Wurzeln des Gewöhnlichen Seegrases und testeten deren antibiotische Aktivität gegen verschiedene Krankheitserreger. Epibiotische Bakterien gesunder Blätter waren breit wirksam und übertrafen teilweise Kontrollmedikamente. Die Studie deutet auf das Vorhandensein vieler unbeschriebener antimikrobieller Substanzen hin, die nun weiter untersucht werden. Für die Gesundheit der Meere und der Menschen können die Erkenntnisse von großem Vorteil sein, da der Klimawandel Infektionskrankheiten voraussichtlich verschlimmern wird.[2]
Lachmöwe sucht Nahrung im Gewöhnlichen Seegras, (c) Irene Freese/NABU-naturgucker.de
Sie können außerdem die notwendigen Strategien zur Erhaltung und Bewirtschaftung von Seegras unterstützen. Denn weltweit gehen Seegraswiesen zurück. Starker Nährstoffeintrag trübt das Wasser, sodass die Pflanzen weniger Sonnenlicht erhalten. Hinzu kommen direkte Zerstörungen beispielsweise durch Küstenschutz, Tourismus oder Fischerei. Vermehrt beschäftigen sich Forschende und Organisationen mit Bedeutung, Schutz und Renaturierung von Seegraswiesen. In Deutschland sind Seegraswiesen gesetzlich geschützt.
[2] Deniz Tasdemir, Silvia Scarpato, Caroline Utermann-Thüsing, Timo Jensen, Martina Blümel, Arlette Wenzel-Storjohann, Claudia Welsch, Vivien Anne Echelmeyer, Epiphytic and endophytic microbiome of the seagrass Zostera marina: Do they contribute to pathogen reduction in seawater?, Science of The Total Environment, Volume 908, 2024, 168422, ISSN 0048-9697. DOI: → 10.1016/j.scitotenv.2023.168422