NABU|naturgucker Akademie

Wissen

Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt

Funktionen

Zitronenseitling verwildert aus Pilzkulturen in vielen Ländern weltweit

Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 10. Okt 2025, 08:10
Während gebietsfremden Pflanzen und Tieren in Naturschutz und Forschung große Aufmerksamkeit zukommt, ist über die Auswirkungen von gebietsfremden Pilzen bislang sehr wenig bekannt. Pilze, die zu Speisezwecken oder für medizinische Anwendungen kultiviert werden, können verwildern und sich in Regionen außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets ansiedeln und ausbreiten. Ein Beispiel hierfür ist der → Zitronenseitling (Pleurotus citrinopileatus). Er stammt ursprünglich aus Ostasien und kommt inzwischen auch in weiteren asiatischen Ländern sowie in Europa, Afrika und Nordamerika in der Natur vor.
Zitronenseitling in Nordrhein-Westfalen, (c) Matthias Dapper/NABU-naturgucker.de
Zitronenseitling in Nordrhein-Westfalen
(c) Matthias Dapper/NABU-naturgucker.de
Der Zitronenseitling ernährt sich von totem Holz verschiedener Laubbäume und verursacht Weißfäule. Am häufigsten wird er an Ulmen (Ulmus) gefunden, außerdem an Eichen (Quercus), Eschen (Fraxinus), Hainbuchen (Carpinus) oder Buchen (Fagus) sowie weiteren Arten. Bei Temperaturen von 18° bis 30° Celsius und einer relativen Luftfeuchtigkeit von mehr als 80 Prozent bildet er seine Fruchtkörper. Er ist ein beliebter Speisepilz und lässt sich gut und günstig kultivieren. Seit den Anfängen der Zucht in den 1980er-Jahren in China wird er in immer mehr Ländern und in steigender Menge kultiviert. Vor allem in Indien und Südkorea wird er regelmäßig in der Natur gefunden, tritt hier aber bislang nicht als invasiv auf. In europäischen Ländern wie Dänemark beschränken sich die vereinzelten Funde in der Natur meist auf die nähere Umgebung von Standorten, an denen der Pilz gezüchtet wird. Ausgebreitet hat sich der Zitronenseitling hier bislang nicht, was sich jedoch künftig mit dem Klimawandel ändern könnte. Generell sind Vorsorgemaßnahmen notwendig, damit Pilze aus der Zucht nicht in die Natur gelangen. Beispielsweise sollten Zuchtsets und Substrate nicht im Freien entsorgt werden. Heimische Arten sind zu bevorzugen, fremde Arten sollten nur in Innenräumen kultiviert werden.[1]
Ebenfalls ein beliebter Zuchtpilz und ein auch in Europa heimischer Verwandter des Zitronenseitlings: Austern-Seitling, (c) Hermann Fleischanderl/NABU-naturgucker.de
Ebenfalls ein beliebter Zuchtpilz und ein auch in Europa heimischer Verwandter des Zitronenseitlings: Austern-Seitling
(c) Hermann Fleischanderl/NABU-naturgucker.de
Wichtig sind auch die Aufmerksamkeit der Bevölkerung und die Eintragung von Funden des Zitronenseitlings sowie anderer nicht heimischer Pilzarten in der Natur auf Meldeportalen. In der → Global Biodiversity Information Facility gibt es aktuell mehr als 7.200 georeferenzierte Fundmeldungen weltweit; der größte Teil davon stammt aus den USA.[2] Seit rund 25 Jahren wird der Pilz in den USA kultiviert und auch in beliebten Zuchtsets für zuhause angeboten. Erstmals wurde er 2010 in der Natur entdeckt. Inzwischen hat er sich laut einer aktuellen Veröffentlichung, die Daten von Citizen Science-Plattformen ausgewertet hat, in 25 Bundesstaaten der USA und einer kanadischen Provinz stark ausgebreitet. Genetische Untersuchungen der University of Wisconsin und des U.S. Forest Service an Totholz in Wisconsin zeigten, dass sich die Zusammensetzung der Pilzgemeinschaften deutlich verändert und die Artenzahl reduziert, wenn der Zitronenseitling dort wächst. Die Forschenden gehen davon aus, dass sich der Pilz mit dem Klimawandel in Nordamerika weiter ausbreiten wird.[3]

[3] Aishwarya Veerabahu, Mark T. Banik, Daniel L. Lindner, Anne Pringle, Michelle A. Jusino, Invasive golden oyster mushrooms are disrupting native fungal communities as they spread throughout North America, Current Biology, Volume 35, Issue 16, 2025, Pages 3994-4002.e4, ISSN 0960-9822. DOI: → 10.1016/j.cub.2025.06.049

Funktionen

Bisher wurde noch kein Kommentar abgegeben.