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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Welche Pflanzen sind auch außerhalb ihrer Ursprungsregion erfolgreich?
Siebert, Ina [Ina Siebert1] - 19. Sep 2025, 08:15
Durch Handel und Verkehr bringen Menschen seit Jahrhunderten absichtlich oder unabsichtlich Pflanzen in Gebiete außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes und über geografische Barrieren hinweg. Das Ausmaß variiert mit der Intensität unserer Aktivitäten und hat besonders seit 1950 stark zugenommen. Nur ein kleiner Teil dieser Arten kann in neuen Gebieten selbsttragende Populationen ausbilden und sich erfolgreich außerhalb von Kultivierung ausbreiten.

Japanischer Staudenknöterich in Baden-Baden, als invasiv eingestuft und auf der Managementliste des BfN
(c) Karin Hartmann/NABU-naturgucker.de
(c) Karin Hartmann/NABU-naturgucker.de
In Deutschland gelten 3.423 Arten von Gefäßpflanzen als einheimisch. Um ein Vielfaches höher ist die Zahl gebietsfremder Arten mit etwa 50.000 Spezies, die in Botanischen Gärten kultiviert werden, sowie 3.150 gebietsfremden Gehölzarten in Parks und Gärten. Einige dieser Spezies sind verwildert, wovon sich bislang 441 Arten etablieren konnten. Wild lebend, aber nicht etabliert kommen 1.566 Neophyten vor. In neue Regionen verbrachte Pflanzen, Pilze und Tiere können die jeweilige biologische Vielfalt gefährden. Von den in Deutschland vorkommenden Neophyten wurden bei 121 Arten negative Auswirkungen auf die Biodiversität festgestellt; 45 wurden als invasiv bewertet.[1]

Drüsiges Springkraut an Gewässer in Hessen, als invasiv eingestuft und auf der Managementliste des BfN
(c) Lothar Baumbach/NABU-naturgucker.de
(c) Lothar Baumbach/NABU-naturgucker.de
Weltweit haben sich mehr als 16.000 Arten von Gefäßpflanzen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes dauerhaft etabliert. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Konstanz hat untersucht, welche Pflanzen sich besonders erfolgreich ausbreiten können. Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass es sich dabei in der Regel um große und konkurrenzstarke Lebensraum-Generalisten handelt, die nährstoff- bzw. stickstoffreiche Standorte besiedeln. Anhand von 3.920 heimischen Arten in 10 europäischen Regionen haben die Forschenden nun gezeigt, dass sich Pflanzenarten, die sich weltweit erfolgreich etablieren, auch in ihren ursprünglichen Regionen zunehmen. Dagegen können sich Pflanzen, die in ihren heimischen Regionen zurückgehen, nur selten in fremden Gebieten erfolgreich etablieren. Daraus leiten sie ab, dass Daten zur heimischen Besiedlungsdynamik die Bewertung des Invasivitätsrisikos unterstützen können.[2]
[1] → Bundesamt für Naturschutz: Stefan Nehring und Wolfgang Rabitsch (Hrsg.) – Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen und Gesamtartenliste der in Deutschland wild lebenden gebietsfremden Gefäßpflanzen (BfN-Schriften 731, 2025)
[2] Paudel, R., Fristoe, T.S., Kinlock, N.L. et al. Many plants naturalized as aliens abroad have also become more common within their native regions. Nat Commun 16, 8227 (2025). DOI: → 10.1038/s41467-025-63293-6