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Hintergründe und Neues aus der Forschung leicht verständlich erklärt
Erreger des Seestern-Massensterbens identifiziert
Siebert, Ina [Ina Siebert2] - 29. Aug 2025, 08:30
Mindestens 1.600 Arten aus der Klasse der → Seesterne (Asteroidea) sind weltweit bekannt. Diese Tiere sind in allen Meeren verbreitet und leben in verschiedenen Lebensräumen am Boden bzw. auf Substrat. Schwimmen können sie nicht. Ihre Ernährung ist unterschiedlich, meist ernähren sie sich räuberisch von → Muscheln (Bivalvia). In ihrer Größe variieren sie von einigen Zentimetern bis zu deutlich über einem Meter im Durchmesser.

Pazifischer Blut-Seestern vor Alaska
(c) Frank Hartmann/NABU-naturgucker.de
(c) Frank Hartmann/NABU-naturgucker.de
In den marinen Lebensgemeinschaften spielen sie eine entscheidende Rolle. Starke Auswirkungen hat deshalb die seit 2013 herrschende Epidemie unter Seesternen, die zwischen Mexiko und Alaska Milliarden Tiere von mehr als 20 Arten getötet hat. Bei der sogenannten Sea Star Wasting Disease (SSWD) bekommen die Tiere Läsionen, verkrümmen sich und verlieren ihre Arme. In der Regel sterben sie innerhalb von zwei Wochen. Besonders anfällig ist der Sonnenblumen-Seestern Pycnopodia helianthoides, der in den Küstengewässern des nordöstlichen Pazifiks lebt. Seine bevorzugte Beute sind → Seeigel (Echinoidea). Durch den Einbruch der Population dieses Seesterns um mehr als 90 Prozent vermehren sich die Seeigel ungehindert und dezimieren die Ökosysteme der Kelpwälder. Diese sind für viele Arten ein bedeutender Lebensraum, und sie tragen zum Klima- und Küstenschutz bei.

Riesen-Dornenseestern vor Kalifornien
(c) Volker Siegel/NABU-naturgucker.de
(c) Volker Siegel/NABU-naturgucker.de
Nach jahrelanger Forschung ist nun der Erreger identifiziert worden. Ausgelöst wird die Epidemie durch einen Stamm des Bakteriums Vibrio pectenicida, das mit dem Cholera-Erreger Vibrio cholerae verwandt ist. Forschende der University of British Columbia, des Hakai Institute und der University of Washington haben das in Experimenten nachgewiesen. Dazu haben sie DNA-Proben von Gewebe und Körperflüssigkeiten gesunder und kranker Tiere genommen und miteinander verglichen. Mit Gewebeextrakten, Körperflüssigkeiten und Wasser, in dem kranke Tiere lebten, konnten sie 90 Prozent von vormals gesunden Sonnenblumen-Seesternen infizieren. An einer Injektion des anschließend im Labor kultivierten Bakterienstamms starben alle untersuchten Seesterne. Mit ihrer Entdeckung wollen die Forschenden dazu beitragen, die Populationen der Art wieder zu stärken und die Folgen für die Ökosysteme abzumildern. Weitere Studien beschäftigen sich mit genetischen Zusammenhängen mit Krankheitsresistenz, Zucht in Gefangenschaft und der experimentellen Auswilderung von in Gefangenschaft gezüchteten Seesternen. So sollen die effektivsten Strategien und Standorte für die Wiederansiedlung von Sonnenblumen-Seesternen ermittelt werden.[1]
[1] Prentice, M.B., Crandall, G.A., Chan, A.M. et al. Vibrio pectenicida strain FHCF-3 is a causative agent of sea star wasting disease. Nat Ecol Evol (2025). DOI: → 10.1038/s41559-025-02797-2